Frage: Die Szene wiederholt sich täglich: Bei einem schwer erkranktem Menschen häufen sich Fehlzeiten am Arbeitsplatz. Bisher übernahmen die Kollegen und Kolleginnen die Aufgaben. Was geschieht, wenn der Arbeitgeber dies nicht mehr billigt oder es sich vom Arbeitsaufwand einfach nicht mehr darstellen lässt? Wie ist die Rechtslage? Darf ein Arbeitgeber Mitarbeitern kündigen, weil diese schwer erkrankt sind?
Antwort
In Unternehmen mit weniger als zehn Vollzeit-Mitarbeiterinnen und –Mitarbeitern kann eine Kündigung ohne Begründung ausgesprochen werden. Eine Abfindung ist nicht vorgesehen. Die Fristen richten sich nach dem Arbeitsvertrag beziehungsweise den in § 622 II BGB genannten Fristen.
Größere Unternehmen dürfen krankheitsbedingt kündigen, wenn die Krankheit bereits über längere Zeit andauert (mehr als sechs Wochen im Jahr) und eine negative Prognose für den weiteren Verlauf vorliegt, sie sich also absehbar nicht bessert.
Ausnahme
Falls die geleistete Arbeit beziehungsweise die Arbeitsstätte Ursache für die Krankheit wäre, hätte der Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt oder fehlerhaften Arbeitsschutz geboten. Dann wäre eine auf die krankheitsbedingten Fehlzeiten begründete Kündigung unter Umständen treuwidrig, das heißt, dem Mitarbeiter könne nicht gekündigt werden. Inwieweit dann die Berufsgenossenschaft ihre geleisteten Heilaufwendungen vom Arbeitgeber zurückfordert, steht auf einem anderen Blatt.
Einschränkung
Wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung schwerbehindert ist (mit einer Minderung von mindestens 50 Prozent) beziehungsweise bei einem Grad der Behinderung von mindestens 30% einem Schwerbehinderten gleichgestellt, braucht der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamtes (§ 85 SGB IX). Es reicht dabei, dass der Antrag gestellt worden ist.
Vorsicht: Dies heißt jedoch nicht, das Integrationsamt würde die Kündigung ‚wegverhandeln‘. Es achtet lediglich auf die juristisch-formale Korrektheit der Abläufe. Dies gibt den Betroffenen die Gewissheit, dass auch ohne eigenen Anwalt jemand kritisch auf die Papiere sieht, spart also beispielsweise Anwaltskosten.
Stand: Mai 2018