Was tun, wenn ein entscheidendes Medikament teuer wird?
Viele Kliniken setzen Medikamente ab, wenn diese zu teuer werden und verwenden Ersatzpräparate. Was können Sie in diesem Fall tun? Vergewissern Sie sich bei Ihren Ärzten, dass Ihre Medikamente medizinisch sinnvoll sind.
Das Krebsmedikament Carmustin wird seit mehr als 40 Jahren in der Behandlung von bösartigen Tumoren eingesetzt. Es ist heute ein fester und unersetzbarer Bestandteil der vorbereitenden Chemotherapie vor autologen Blutstammzelltransplantationen. Vor allem Kinder und Erwachsene mit aggressivem Lymphknotenkrebs sind darauf angewiesen. Der frühere Inhaber des Medikamentes hatte die Lizenz für Carmustin 2013 abgegeben. Seither gibt es weltweit nur einen einzigen Hersteller. Im gleichen Zeitraum kam es immer wieder zu drastischen Preissteigerungen für dieses Arzneimittel. Seit erneutem Wechsel des Alleinimporteurs für Deutschland Anfang 2018 hat sich der Preis für Carmustin nochmals stark erhöht und beträgt mittlerweile mehr als das 40-Fache des Preises von vor 2013. (DGHO-Pressemeldung als Download am Ende des Textes)
PiA – Palliativ im Alltag e.V. hat Professor Dr. Bernhard Wörmann befragt. Er arbeitet an der Berliner Charité mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie. Gleichzeitig ist er medizinischer Leiter der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie e.V. (DGHO).
Gibt es Alternativen zu diesem Medikament?
„Wir haben im Markt mehrere Präparate mit gleicher Wirksamkeit, welche jedoch nicht wirklich sicher getestet wurden. Es gibt keine großen, randomisieren Studien (-> Glossar) dazu. Die bisher größte getestete Gruppe umfasste 110 Patienten. Das heißt: Die Evidenz ist dünn.“
Würde ein Patient merken, wenn er ein Ersatzpräparat erhalten würde?
„Bei uns haben die Patienten ihren kompletten Therapieplan in Händen und sind Herren des Geschehens. Die behandelnden Ärzte müssen jede Änderung mit ihren Patienten durchsprechen; auch diese.“
Kann es vorkommen, dass Kliniken im Hintergrund die Medikamentierung ändern, ohne dies zu kommunizieren?
„Die Mehrzahl der Kliniken beißt in den sauren Apfel, verabreicht das teure Medikament und spart an anderer Stelle ein. Sollte sich etwas ändern, sprechen die Ärzte dies mit den Patienten durch.“
Was können Patienten tun, wenn ihnen dieser Wechsel der Medikamentierung mitgeteilt wird?
Falls dies geschieht – was ich noch nicht erlebt habe -, sollen sie mit den Verantwortlichen in der Klinik sprechen und auf ihrem etablierten Medikament bestehen.“
Wir danken Prof. Dr. Bernhard Wörmann, Charité Berlin, für dieses Interview. Er leitet außerdem die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie e.V. (DGHO).
Anlage: DGHO-Pressemeldung vom 15. März 2018
Stand: November 2018